Die Entstehung dieser Fotos liegt schon wieder eine ganze Weile zurück. Vor zwei Jahren besuchte ich meine Freundin Ana in Island und durfte ihre Freundin Dagmar mit ihrer Familie für ein paar Stunden in ihrem Alltag begleiten. Ich hatte sie gebeten, trotz meiner Anwesenheit einfach das zu tun, was sie auch ohne mich gemacht hätten.
Der Alltag mit Kindern wird, was seine Fototauglichkeit betrifft, total unterschätzt. Wir legen oft den Wert auf die Höhepunkte im Leben und wollen diese Meilensteine festgehalten wissen. Das ist natürlich nicht verkehrt, doch ich glaube, der wahre Schatz liegt im alltäglichen Miteinander. Die Routine ist eine Perle in unserem Leben und wird viel zu wenig wertgeschätzt. Und auch wenn sie uns zuweilen lästig erscheint, liegt darin ganz viel Geborgenheit und Sicherheit. Das merken wir dann, wenn unsere Routinen unterbrochen werden, z.B. bei Krankheit und wir in Stress geraten. Wir merken es, wenn unsere Kinder einen Entwicklungsschub machen und ein lieb gewordenes Ritual nicht mehr funktioniert. Wenn unsere Eltern alt werden und das Weihnachtsessen anders organisiert werden muss.
Routinen und Rituale ändern sich vor allem bei jüngeren Kindern total schnell, genauso wie ihre Vorlieben und Interessen. Plötzlich können sie essen wie zivilisierte Menschen und das Karottenbrei verschmierte Gesicht ist Geschichte. Auf einmal können sie lesen und die Pappbilderbücher werden auf dem Flohmarkt verscherbelt. Der Adventsweg verliert seinen Zauber. Die Milchzähne sind passé. Die geliebte kleine Patschhand ist ganz schön gewachsen. Aus dem Baby wird ein Kleinkind wird ein Kindergartenkind wird ein Schulkind wird ein Teenager wird ein junger Mensch.
Jede Phase hat ihren eigenen Zauber inklusive Herausforderungen. Mit kleinen typische Gesten, Verhaltenweisen, Routinen und Ritualen. Manchmal wünscht man sich die Zeit anzuhalten und in diesem Moment zu verharren. Für mich sind es oft diese kleinen Momente und Gesten, die es wert sind, sich daran zu erinnern und sie mit meiner Kamera festzuhalten.